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Was ist Bonsai?

 

Das japanische Wort bonsai ( 盆栽 ) geht zurück auf den chinesischen Begriff pénzāi ( 盆栽 ) und heißt wörtlich übersetzt ungefähr „Baum in der Schale“.

Sehr vereinfacht erklärt, ist der Bonsai ein, in einer Schale gezogener Baum, der durch Gestaltungsmassnahmen klein gehalten wird. Aber diese Erklärung kann diese Jahrhunderte alte, fernöstliche Art der Gartenkunst nicht wirklich fassen, welche sich an die Lehren des Zen-Buddismus und dem Taoismus anlehnt. Die Gestaltung nach den Kriterien von Wabi-Sabi* ( 侘寂 ) ist die Suche nach authentischer Harmonie im Wissen, dass nichts bleibt, nichts abgeschlossen ist und nichts perfekt ist.

Techniken wie Pinzieren, Schneiden und Äste drahten, sowie eine gemässigte Düngung werden eingesetzt, um das Wachstum zu begrenzen und in gesunde Bahnen zu lenken. Üblicherweise werden Bonsai unter einem Meter Höhe gehalten. Zu einem Bonsai lassen sich nahezu alle verholzenden Baum- und Straucharten erfolgreich gestalten, wenn sie in einem Behälter gehalten werden, der den Wurzelraum und das Nährstoffangebot begrenzt. Traditionell werden kleinblättrigen oder kleinnadlige Arten bevorzugt.

In Japan sind dies Kiefern, Wacholder, Dreispitz-Ahorn, Fächer-Ahorn, asiatische Ulmenarten, Azaleen, Fruchtbäume wie Kulturapfel oder Japanische Aprikose.

In Mitteleuropa verwendet man vorwiegend einheimische Gehölze, die an das regionale Klima angepasst sind, aber auch importierte winterharte Pflanzen aus Japan und anderen Ländern. Am beliebtesten sind kleinblättrige Ahornarten  Kiefern, Fichten, Buchen und Wacholder.

Genetisch unterscheiden sich Bonsai-Bäume nicht von gewöhnlichen Pflanzen. Allein durch die Gestaltungsmassnahmen behält der Bonsai seine charakteristische Größe. Das größte Ziel von Bonsai ist ein realistisches Abbild der Natur zu erzeugen. Da ein Bonsai kleiner ist werden bestimmte Details überzeichnet, anstatt dem natürlichen Vorbild präzise zu ähneln. Insbesondere wird mit den Gestaltungstechniken Jin und Shari versuchte dem Bonsai ein hohes Alter zu suggerieren. Je kleiner der Bonsai, bis hin zu wenigen Zentimetern Grösse, desto abstrakt wird dieser gestaltet.  Es wurden schon viele Versuche unternommen Bonsai auf Grund der Grösse oder der Gestaltung zu klassifizieren.

Obwohl die genauen Grösseneinteilungen umstritten sind da sich die Grössenangaben überschneiden, helfen sie dabei, die ästhetischen und botanischen Aspekte von Bonsai zu verstehen.

⦁             Keshitsubo:               3-8   cm
⦁             Shito:                        5-10   cm
⦁             Mame:                      5-15   cm
⦁             Shohin:                   13-20   cm
⦁             Komono:                15-25   cm
⦁             Katade-mochi:      25-46    cm
⦁             Chumono/Chiu:  141-91   cm
⦁             Omono/Dai:          76-122 cm
⦁             Hachi-uye:          102-152  cm
⦁             Imperial:              152-203 cm

Bei uns in Mode gekommen sind sogenannte Gartenbonsai welche nach den Kriterien von Bonsai gestaltet werden aber in viel grösseren Töpfen oder sogar direkt in die Erde gepflanzt werden.

 

Bonsaikunst

Bonsai ist eine Mischung aus gärtnerischem Wissen und Kunst. Wenn die Erfahrung mit einer bestimmten Baumart wächst, wird die Fürsorge für die Gesundheit und das Leben des Baums zur Routine und dem Gestaltungsziel kann grössere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Die besten Gestaltungen wirken natürlich, ohne Künstlichkeit oder Effekthascherei. Die Bäume werden je nach Ausgangsmaterial nach folgenden Stilrichtungen gestaltet.

  • Chokkan           „aufrechter Stamm"

  • Moyōgi             „frei aufrechte Form"

  • Sōkan               „Zwillingsstamm“

  • Sankan             „Dreifachstamm"

  • Shakan             „geneigter Stamm“

  • Han-Kengai      „Halbkaskade“

  • Kengai               „Kaskade“

  • Bunjingi            „Literatenbaum“

  • Ishitsuki            „Baum auf einem Stein"

  • Sekijōju             „Baum über Fels“

  • Hokidachi         „Besenform"

  • Ikada                 „Flossform“

  • Yose-ue             „Waldform“

So wichtig wie der gestaltete Baum ist die richtige Schale und wäre ein Bericht für sich alleine. Die Auswahl einer passenden Schale für einen gestalteten Baum kann eine wundervolle aber auch sehr schwierige Aufgabe sein. Die Schale muss den Baum unterstützen, wie ein schöner Rahmen für ein Bild, darf aber den Baum nicht dominieren. Traditionell in China und Japan hergestellt, bestehen diese flachen Schalen meist aus gebranntem Steinzeug. Zurückhaltende Farben und unaufdringliche Dekorationen unterscheiden meist die traditionellen japanischen Schalen von den chinesischen Modellen. Für kräftige, "männliche" Bonsai wie z. B. Kiefern werden eckige, unglasierte Schalen bevorzugt. Laubbäume werden dagegen in ovale Schalen gesetzt welche auch glasiert sein können. Die Farbe der Blätter und die Glasur der Schale sollte aber nicht gleich sein.  Blühende Bonsai werden nicht in unglasierte Schalen gesetzt, da sie dabei nicht voll zur Geltung kommen. Die Oberfläche der Schale sollte auch zur Rinde passen, das heisst glatte Rinde glatte Schale, raue Borke zu rauer Oberfläche der Schale und des Tons. Dabei werden die Bonsais immer leicht rechts oder links auf der Seite gepflanzt damit die Gestaltung mehr Dynamik erhält. Runde Schalen sind für die Literaten-Form vorenthalten. Die Schalengrösse entspricht in der Regel 2/3 der Höhe des Bonsais und die Schalenhöhe sollte dem Stammdurchmesser entsprechen. Landschaften, Wälder und Mehrfachstämme kommen in sehr Schalen Schalen oder gar auf Steinplatten am besten zur Geltung. Einzig Kaskadenformen benötigen hohe, schmale Töpfe, um ausreichend Platz für die Wurzeln zu bieten und einen ausbalancierten Schwerpunkt zum Baum zu erhalten, dessen Gestaltung eine von einem Berg oder einer Klippe hängende Form symbolisiert.

Die richtige Schale für einen Baum, welchen man über mehrere Jahre selbst zum Bonsai gestaltet hat, findet leider nie. Daher sind einige Bonsailiebhaber übergegangen ihre Schale selbst zu töpfern, oder von einem professionellen Töpfer herstellen zu lassen

 

Bonsai ist wahrlich viel mehr als einfach nur „japanische Miniaturbäume“. Es ist eine Herausforderung für die gärtnerischen Fähigkeiten, künstlerische Ästhetik und Gestaltungskenntnisse.  Die Bandbreite dieses Hobbys bzw. dieser Kunst ist einer der reizvollen Aspekte von Bonsai.

*japanisches, ästhetisches Konzept (Konzept der Wahrnehmung von Schönheit)

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